Schulprojekte

Hier sind Projekte aufgeführt, die nicht einzelnen Klassen oder Fachbereichen zugeordnet sind, sondern eher für die gesamte Schule gelten.

 

JRS in Marseille und Aix-en-Provence

verantwortliche Lehrerinnen: Silke Deckert, Ina Peter, Anja Pfeifer


Am Montag, den 22. April 2024 machten sich die Französischgruppen der Klassen 8 und 9 auf den Weg Richtung Südfrankreich. Insgesamt waren 30 Schülerinnen und Schüler und drei Lehrerinnen – Frau Deckert, Frau Pfeifer und Frau Peter - unterwegs. Nach gut zehn Stunden Fahrt u.a. mit dem TGV sind wir an unserem Ziel „Marseille“ angekommen.


Nachdem wir unsere erste Nacht in fremder Umgebung gut gemeistert und wir uns an dem leckeren Frühstückbuffet gestärkt hatten, wartete ein Stadtführung im „Le Panier“ auf uns. Wir lernten, dass Marseille eine tolle Geschichte vorzuweisen hat.


Nachmittags bekamen wir eine interessante Einführung in die Seifengeschichte im Seifenmuseum „Licorne“ und durften zum krönenden Abschluss eigene Seifen personalisieren und als Mitbringsel mit nach Hause nehmen.

Obwohl wir schon viel erlebt hatten, waren wir noch mit dem Bus Richtung „Notre-Dame de la Garde“ unterwegs. Wir waren sehr beeindruckt von dem Bauwerk und von der tollen Aussicht, die man von der Kirche hatte. Von dort traten wir zu Fuß unsere Heimreise zum Hotel an. Das Ergebnis: wir sind insgesamt 16,5 km gelaufen. 🙂

Am dritten Tag unserer Reise, sind wir wieder in die Bahn gestiegen, um tiefer in die Provence zu fahren. Dieses Mal war die schöne Stadt „Aix-en-Provence“ unser Ziel, wo wir im Stadtmuseum „Granet“ eine tolle Kunstausstellung besichtigen durften und zum Abschluss des Tages eine kleine Zugfahrt durch die engen Gassen der Altstadt erleben durften. Natürlich gab es zwischen den Programmpunkten auch immer genügend Zeit um das tolle Flair der Stadt zu genießen und selber in Kleingruppen Erkundungen anstellen zu können.


Unseren vorletzten Reisetag verbrachten wir wieder ganz in Marseille. Gestartet sind wir an diesem Tag mit einem Besuch im „MUCEM“, bei dem uns aber vor allem die Festung auf dem Museum faszinierte und von der wir einen tollen Blick aufs Meer bzw. auf die Stadt hatten.


Bei unserem Programmpunkt am Nachmittag bekamen wir dann ziemlich viel Abenteuer geboten: wir hatten eine Bootstour zu den „Calanques“ gebucht. Nachdem uns der Kapitän schon vor dem „mer agitée“ gewarnt hatte, mussten einige unserer Mitreisenden feststellen, dass er oder sie doch etwas seekrank wurde… aber die Landschaft hat uns für all die Aufregung entschädigt.


Den Abend ließen wir mit Pizza am Strand von Marseille ausklingen. Der Abschied fiel uns allen sehr schwer. 

Am Freitag, den 26. April 2024 sind wir wieder mit dem Zug zutück nach Herrenberg gefahren.

Es war rundum eine tolle Exkursion nach Marseille. Wir danken dem Förderverein, dass er uns bei diesem Unternehmen so toll unterstützt hat!

 (Ina Peter)

 

Weiterer 3D-Drucker

verantwortlicher Lehrer: Johannes Hilscher

Der MakerSpace (Technik) der Jerg-Ratgeb-Realschule erhielt kürzlich eine großzügige Spende eines 3D-Druckers. Ein Spende, die durch einen ehemaligen Schüler Adrian Krznar erfolgte, markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung technologischer Fortschritt und Bildungsförderung an der Schule. 

Der 3D-Drucker wird den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten, ihre kreativen Ideen in die Realität umzusetzen und praktische Erfahrungen im Bereich der additiven Fertigung zu sammeln. Dies wird nicht nur ihr technisches Verständnis vertiefen, sondern auch ihre Problemlösefähigkeiten und ihr innovatives Denken stärken. 

Die Technikfachschaft, die Schulleitung und die Schülerinnen und Schüler sind gleichermaßen begeistert von der Spende und freuen sich darauf, die Möglichkeiten zu erkunden, die der 3D-Drucker bietet. Diese großzügige Geste wird zweifellos einen positiven Einfluss auf die Bildung und Entwicklung der Schülerinnen und Schüler haben. 

Wir freuen uns sehr, dass unser ehemaliger Schüler an uns gedacht hat und danken ihm sehr für diese tolle Spende!!

(Johannes Hilscher, Fachschaft Technik)

 

Ein Apfelbaum für den Überlebenden
 
Herrenberg/Gäufelden: Projektgruppe der Jerg-Ratgeb-Schule erhält den ersten Israel-Arbeiter-Preis.
 
von Katja Fuchs Gäubote Herrenberg, 13.04.2024
 
betreuende Lehrer: Alexander Riegler, Dominik Kirgis

Beim Mahnmal der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen pflanzen Schüler der Jerg-Ratgeb-Schule einen Apfelbaum zu Ehren von Israel Arbeiter. GB-Foto: Holom

Dass Schüler der Jerg-Ratgeb-Schule am Vormittag von Winfried Kretschmann empfangen wurden, war am Donnerstag noch nicht genug der Ehre. Es ging wenige Stunden später direkt weiter mit dem Israel-Arbeiter-Preis, den Benjamin Merkt, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen, den Schülern überreichte. „Als ich selbst auf der Jerg-Ratgeb-Schule war, hätte wohl niemand gedacht, dass ich eines Tages hier stehe und den ersten Israel-Arbeiter-Preis überreiche", beginnt Merkt, für den dieser Tag ebenfalls etwas Besonderes ist, seine Ansprache.

Nicht wegen des Attentats - sondern trotzdem

Es sind nicht nur die Lehrer an der KZ-Gedenkstätte zugegen, die an dem Projekt beteiligt waren, das der Schule nun diese Anerkennung einbringt. Auch die gesamte Projektgruppe, bestehend aus mehr als 20 Schülern, ist da, um ihre Urkunden in Empfang zu nehmen. „Es ist toll, dass die Schüler, nachdem die Porträts von Luigi Toscano mit NS-Symbolen beschmiert wurden, gesagt haben: Wir lassen uns nicht einschüchtern und machen weiter, jetzt erst recht", betont der Gäufeldener Bürgermeister Benjamin Schmid. „Die Jerg-Ratgeb-Realschule bringt nach wie vor tolle Projekte hervor und leistet einen wertvollen Beitrag zur Erinnerungskultur." Die Schule liegt ihm am Herzen, weil auch er sie einmal selbst besuchte. Die Aufmerksamkeit nach dem Vorfall sei wertvoll, so Benjamin Merkt. „Aber warum gab es die erst nach dem Attentat? Davor wäre sie noch wertvoller gewesen", findet er. Die Vertreter der KZ-Gedenkstätte hätten die Ausstellung der Schule schon vorher besucht und da sei bereits die Entscheidung gefallen, dass diese Arbeit gewürdigt werden müsse. „Ihr kriegt den Preis heute also nicht, weil eure Ausstellung geschändet wurde, sondern trotzdem." Damit beginnt er, jeden einzenen Schüler und beteiligten Lehrer zu sich zu rufen und die Urkunden zu überreichen.

„Der Preis ist nicht nur für die Schüler eine Ehre, sondern auch für Israel Arbeiter", merkt die Hailfinger Ortsvorsteherin Sabine Kircher an. Für den KZ-Überlebenden pflanzen die Schüler an diesem Tag einen Apfelbaum neben dem Mahnmal. Es ist der zweite von geplanten vier in einer Reihe. „Israel Arbeiter wurde 1925 geboren", erzählt Benjamin Merkt. „Er war etwa so alt wie wir jetzt, als er ins KZ Auschwitz deportiert wurde. Dort hat er sich ein Jahr älter gemacht, als er war. Wer damals zu jung zum Arbeiten war, kam direkt in die Gaskammer." Seinem Vater habe der junge Mann versprochen, dass er, wenn er überlebe, die jüdischen Traditionen weiterpflege - und ihre Geschichte erzähle. Israel Arbeiter überlebte Auschwitz, Stutthof, Hailfin-gen/Tailfingen und Dautmergen, wo er schließlich befreit wurde. Er wanderte nach Boston aus. 50 Jahre später kam er nach Deutschland zurück. „Und zwar, um uns die Hand zu reichen", erklärt Benjamin Merkt. „Er hat unzählige Vorträge gehalten und Gespräche geführt." Bis er im Oktober 2021 gestorben sei."

(Artikel erschienen am 13.04.2024 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

Große Pause mit Winfried Kretschmann
 
Herrenberg: Für zwei Zehntklässler der Jerg-Ratgeb-Realschule sieht der Donnerstagvormittag anders aus als für ihre Klassenkameraden. Miriam Bleiholder und Jalon Lang treffen den Ministerpräsidenten.
 
von Katja Fuchs Gäubote Herrenberg, 13.04.2024
 
betreuende Lehrer: Alexander Riegler, Dominik Kirgis

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (zweiter von rechts) spricht mit den Schülern Jalon Lang (rechts)
und Miriam Bleiholder sowie ihrem Lehrer Dominik Kirgis über das Thema Antisemitismus. GB-Foto: Holom

Wie viele Schüler bekommen wohl die Chance, einmal dem Ministerpräsidenten gegenübertreten zu können? Für die Zehntklässler Miriam Bleiholder und Jalon Lang der Jerg-Ratgeb-Realschule wurde genau das Realität. Unter dem Dach des „Gäubote" sprachen sie, zusammen mit ihrem Lehrer Dominik Kirgis, mit Winfried Kretschmann über Antisemitismus - ein Thema, das ihnen in den vergangenen Monaten zur Herzensangelegenheit geworden ist.

„Angefangen hat alles schon letztes Jahr, als unser Lehrer durch die Klassen gegangen ist und gefragt hat, wer Lust hat, an einem Projekt teilzunehmen", erzählt der 16-jährige Jalon Lang, während Kretschmann aufmerksam zuhört. Es fanden sich genügend Schüler, die bereit waren, sich mit den Porträts, die ein Künstler von Holocaust-Überlebenden aufgenommen hatte,  auseinanderzusetzen, um andere durch die Ausstellung führen zu können (der „Gäubote" berichtete). „Gleich äm Anfang kam es dann zu einem unschönen Augenblick'', erinnert sich der Schüler. Berichtet dem Ministerpräsidenten davon, wie die Porträts mit NS-Symbolen beschmiert wurden. „Das hat Herrenberg umgetrieben. Aber wir hatten dadurch auch ziemlich großen Andrang von Gruppen und Politikern, die die Ausstellung sehen wollten. Der Vorfall hat das Projekt in der Öffentlichkeit präsenter gemacht."

Das, so Dominik Kirgis, habe der Schulgemeinschaft deutlich gemacht, dass ein Leben in Freiheit, Vielfalt und Demokratie kein Selbstläufer sei. „Aber das ist es immer wert, dafür zu kämpfen." Das haben die Schüler getan, die die Ausstellung von Luigi Toscano weiter der Öffentlichkeit zugänglich machten, anstatt das Projekt aufzugeben. Miriam Bleiholder und Jalon Lang trugen das Thema nun stellvertretend für alle Schüler, die daran beteiligt waren, in die Landespolitik hinein.

„Wie ist die Schulgemeinschaft mit dem Projekt und auch dem Vorfall umgegangen?", wollte Winfried Kretschmann wissen. „Es sind ganz neue Verbindungen über die Klassenstufen hinweg entstanden", erzählten die Schüler. „Es wird teilweise jetzt noch auf dem Pausenhof darüber geredet und das Thema wurde auch in die Familien mitgenommen", hat Jalon Lang gehört. „Das war der Sinn des Projekts. Das Thema in die Breite der Gesellschaft zu bringen." Was man immer wieder in Geschichtsbüchern lese, findet er, verliere an Bedeutung. „Aber die Porträts waren eindrücklich. Da wurde einem erst richtig bewusst, dass das normale Menschen waren, denen irgendetwas unterstellt wurde und deswegen fanden sie sich in KZs wieder." Man könne nicht einfach an diesen Bildern vorbeigehen. „Die Bilder sind gut gemacht", fügte Miriam Bleiholder hinzu. „Es fesselt einfach, wenn man die Gesichter sieht."

"Sie haben die Ehre verdient" Winfried Kretschmann

Jalon Lang fragte den Ministerpräsidenten, ob sich die Gedenkkultur geändert habe. „Die wird schwieriger, weil die Zeitzeugen verschwinden'', antwortete er. „Das Thema rückt zeitlich immer weiter weg. Man sollte es nicht glauben, aber auch die Gedenkstätte im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz und andere Gedenkstätten sind hochgradig unterfinanziert." Es gebe die Überlegung, KZ-Besuche für Schulen verpflichtend zu machen. „Aber ob das die richtige Wirkung erzielt, ist die andere Frage." Die Stelle des Antisemitismusbeauftragten sei gestärkt worden, damit dieser auch vermehrt Schulen besuchen könne. „Es ist wichtig, dass junge Menschen das Wachhalten der Erinnerung zu ihrer Aufgabe machen. Sie haben die Ehre verdient", betont Kretschmann gegenüber der Schulabordnung. Die Schüler erhalten für ihr Engagement dieser Tage mehrere Preise von verschiedenen Vereinen und Verbänden (der „Gäubote" berichtete). „Ich bin sehr beeindruckt von dem Engagement der Schülergruppe und vor allem, dass sie den Mut hatte, nach dem verabscheuungswürdigen Vorfall die Ausstellung nicht abzubrechen, sondern gesagt hat 'Jetzt erst recht!'", so der Politiker. „Es tut gut, zu sehen, dass sich junge Menschen starkmachen gegen Antisemitismus und für die Demokratie."

Die Wertschätzung, die er aus den Worten des Ministerpräsidenten rausgehört habe, bedeute ihm viel, sagte Dominik Kirgis im Nachgang. „Das ist eine große Bestätigung in dem, was wir tun."

„Seine Offenheit war sehr cool", fügte Jalon Lang hinzu. „Herr Kretschmann wirkt wirklich authentisch. Man hat gemerkt, dass er sich schon zuvor mit Antisemitismus stark beschäftigt hat. Er hat selbst gesagt, das Thema müsste in der Gesellschaft stärker verankert werden. Wir hoffen, dass er diese Einstellung auch in die Landespolitik mitnimmt." Der 16-Jährige rezitierte einen spanischen Philosophen mit den Worten: „Wer die Geschichte vergisst, ist dazu verdammt, sie neu zu durchleben." Für ihn und die anderen Schüler sei es eine Bereicherung gewesen, an dem Projekt beteiligt zu sein, das Ausmaße annahm, die sich anfangs niemand hätte träumen lassen. „Wir haben während des Projekts gemerkt, dass es wichtig ist, Bezugspunkte zu schaffen. Zum Beispiel, indem man den Leuten klar macht, dass es auch sie selbst oder ihr eigener Bruder hätte sein können, der auf einmal weg ist. Viele der damaligen Opfer haben nichts gemacht, außer, dass sie Juden waren. Das waren normale Menschen wie wir." Die Schüler wollen auch andere in ihrem Alter motivieren, sich mit der Geschichte zu beschäftigen.

„Wir sind gerade am überlegen, wie wir das Thema auch über das Schuljahr hinaus warmhalten können", verrät Lehrer Dominik Kirgis. Den Kontakt zur KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen wolle die Schule jedenfälls aufrecht erhalten. „Die haben wir genau vor der Haustür." Da zeige sich eindrücklich, dass das Thema nicht so weit weg sei, wie es nun nach fast 100 Jahren den Anschein habe. „Es geht immer um Menschen und um die Menschlichkeit, die der Gesellschaft damals offensichtlich gefehlt hat. Damit das in anderer Form nicht wieder passiert, müssen wir daran erinnern, wozu Menschen fähig sind."

(Artikel erschienen am 13.04.2024 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

Gleich drei große Preise in kürzester Zeit
 
Herrenberg: Nach einem schockierenden Vorfall im vergangenen Jahr machten sich die Schüler der Jerg-Ratgeb-Realschule verstärkt gegen Antisemitismus stark. Nun wird ihr Engagement gewürdigt.
 
von Katja Fuchs Gäubote Herrenberg, 08.04.2024
 
betreuende Lehrer: Alexander Riegler, Dominik Kirgis

Nachdem die Bilder verunstaltet wurden, kam nicht nur Antisemitismusbeauftragter Michael Blume (rechts) nach Herrenberg,
auch der Fotograf Luigi Toscano (Mitte) besuchte die Schule. Es stand auf der Kippe, ob die Ausstellung abgebrochen wird.
Doch die Schüler ließen das nicht zu, ganz nach dem Motto: Gegen Vergessen - jetzt erst recht.
GB-Foto: Vecsey 

Die Schüler der Jerg-Ratgeb-Realschule erhalten den Israel-Arbeiter-Preis für ihre Verdienste im Kampf gegen Antisemitismus.
Israel Arbeiter war einer der KZ-Überlebenden aus Hailfingen/ Tailfingen, der die Gedenkstätte zu Lebzeiten selbst besucht und die Arbeit des
Gedenkstätten-Vereins unterstützt hat. Im Rahmen der Preisverleihung pflanzen die Schüler einen Apfelbaum beim Mahnmal in Gedenken an ihn.
GB-Foto: gb

Was vergangenen September als normales Schulprojekt begann, wuchs sich durch ein verhängnisvolles Ereignis zu einem Politikum aus, das ungeahnte Kreise zog. Davon dürften die Schüler der Jerg-Ratgeb-Schule in Herrenberg noch lange reden. Sie sind über sich hinausgewachsen, waren plötzlich in der Situation, im Zentrum des öffentlichen Interesses zu stehen. Dass sie ihr Projekt dennoch durchgezogen und sich in großem Maße engagiert haben, bringt ihnen nun Zeichen der Anerkennung ein: gleich drei bedeutsame Auszeichnungen wurden und werden ihnen verliehen.

„An dem Morgen habe ich mein Fahrrad bei der Schule abgestellt, bin nichtsahnend die Treppe hochgegangen und da habe ich die Hakenkreuze auf den Bildern gesehen", erinnert sich Lehrer Dominik Kirgis. Wenig zuvor hatte er, zusammen mit seiner Kollegin Meike Hirner, die Idee gehabt, die Fotoausstellung „Gegen das Vergessen" von Luigi Toscano an die Schule zu holen. Eine Fortbildung zum Thema Antisemitismus hatte die beiden nach Frankreich zum KZ Natzweiler geführt. Die Eindrücke hallten nach, die Lehrer beschäftigten sich anschließend weiter mit dem Thema und stießen auf die Wanderausstellung, die schon in Boston und New York zu Gast war. „Ich hatte davon schon gehört. Der Künstler erzählt die Geschichten der Holocaust-Überlebenden über großformatige Porträts sehr eindrücklich", so Kirgis. Und bei genauerer Recherche fiel ihm auf, dass er zwei der Abgebildeten sogar persönlich kannte, unter anderem aus seiner Studienzeit in Ludwigsburg. Es folgte die Bewerbung und prompt die Bestätigung, dass die Ausstellung an die Jerg-Ratgeb-Schule kommen darf. Eine Projektgruppe von Schülern recherchierte die Biografien der Dargestellten, mit der Idee, Klassen anderer Schulen durch die Ausstellung zu führen. Nach der Eröffnung hielt die Freude kaum einen Tag an. Dann wurden vier der Porträts mit NS-Symbolen beschmiert (der „Gäubote" berichtete).

"Wir haben historische Arbeit an der Basis geleistet und das haben wir mit Schülern geschafft" Dominik Kirgis

„Ich hätte niemals gedacht, dass das passiert", sagt Kirgis, noch immer geschockt. „Und das hat etwas in Gang gebracht. Auf einmal stand der Künstler da, am nächsten Tag kam der Landes-Antisemitismusbeauftrage. Das war plötzlich so groß." Er wolle nicht sagen, dass es gut war, dass die Kunstwerke beschmiert wurden, aber „der Effekt, den es hatte, war gut: Wir hatten öffentliches Interesse und haben das maximal ausgenutzt", freut er sich. Rund 30 Gruppen hätten die Schüler anschließend noch durch die Ausstellung geführt, darunter viele Politiker, und das mit einem in kürzester Zeit angeeigneten Expertentum und großem Bewusstsein für Bedeutung dessen, was sie tun. Das machte Dominik Kirgis und Schulleiter Alexander Riegler regelrecht sprachlos. „Wir haben historische Arbeit an der Basis geleistet und das haben wir mit Schülern geschafft", betont Kirgis und bezeichnet diesen Erfolg als Highlight seiner bisherigen Dienstzeit.

Nun folgt die Bestätigung. Im Oktober bekamen die Schüler der Klassenstufe 10 vom Kulturkreis Herrenberg den Dr.-Martin-Zeller-Preis des Kreises überreicht (der „Gäubote" berichtete). Elisabeth Kaiser, Vorsitzende des Kulturkreises, und ihr  Stellvertreter, Günther Ansel, kamen in den Musiksaal der Schule, um dem Projektteam einen Scheck zu überreichen. „Das war eine schöne Begegnung mit der Vorsitzenden, die sehr wertschätzend mit Schülern gesprochen hat und sich gefreut hat, dass die Gruppe sich um das Geschichtsbewusstsein bemüht", sagt Schulleiter Riegler nun im Nachhinein. „Mit so viel Anerkennung haben wir nicht gerechnet."

Damit nicht genug. Am kommenden Donnerstag, 11. April, plant der Verein KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen die Verleihung des Israel-Arbeiter Preises an die Schüler. „Am 11. April um 17 Uhr pflanzen die Schüler am Mahnmal einen Apfelbaum für den 2021 verstorbenen Überlebenden des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen, Israel Arbeiter", teilt Vereinsvorsitzender Benjamin Merkt mit. Den Israel-Arbeiter-Preis vergebe der Verein dieses Jahr zum ersten Mal. Neben weiteren Holocaust-Überlebenden war in der Ausstellung von Luigi Toscano auch Israel Arbeiter als großformatiges Porträt zu sehen. „Israel Arbeiter ist der zweite Zeitzeuge, dem wir mit einem Baum ein lebendiges Zeichen unserer Verbundenheit setzen", erklärt Merkt. „Er kam fünfmal aus Boston, USA, zu uns zu Besuch nach Hailfingen/Tailfingen, um unsere Arbeit gegen das Vergessen zu unterstützen."

Aller guter Dinge sind drei. Im Juni steht für die Schüler und ihre Lehrer ein weiteres Highlight im Terminkalender. Da geht es nach Ludwigsburg, wo sie den Rahel-Straus-Jugendpreis entgegennehmen dürfen. Den verleiht seit 2019 die Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg innerhalb des Vereins „Gegen Vergessen - Für Demokratie". Das damit verbundene Preisgeld über jeweils 1 000 Euro stiftet die Berthold-Leibinger-Stiftung. Neben einer Freiburger Schule wurde in diesem Jahr auch die Jerg-Ratgeb-Schule für den Jugendpreis ausgewählt. Den gibt es für Verdienste rund um die Erinnerungskultur. Nach Rahel Straus, einer fortschrittlichen Jüdin, die als eine der ersten Medizinstudentinnen Deutschlands und Engagierte in der Frauenrechtsbewegung des frühen 20. Jahrhunderts in die Geschichte einging, ist der Preis benannt. „Wir haben damals bewusst kein Holocaust-Opfer genommen", erklärt Vereinssprecherin Birgit Kipfer, „wir wählten eine vorbildliche Frau, die ein interessantes Leben hatte." Als eines der beiden besten Projekte wurde das der Jerg-Ratgeb-Schule ausgesucht, weil es beinahe zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, sich die Schüler aber dann entschlossen haben, mit noch größerer Einsatzbereitschaft und Motivation da erst recht gegen Antisemitismus einzutreten. „Wir haben mit der Preisverleihung auch eine Erwartung, dass die Empfänger weitermachen", erklärt Kipfer. Da dürfte sie bei der Jerg-Ratgeb-Schule nicht enttäuscht werden. Das Thema Antisemitismus steht dort nun stärker im Fokus denn je. Gleich vier Schüler lassen sich zu Jugendguides der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen ausbilden, und es gab im Nachgang zu dem Thema Workshops und Aktionen in allen Klassenstufen.

(Artikel erschienen am 08.04.2024 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

Planspiel Börse

verantwortlicher Lehrer: Jan Hager


Beim diesjährigen Planspiel Börse haben zwei Schüler aus der Jerg-Ratgeb-Realschule ihr Können unter Beweis gestellt und einen beeindruckenden Erfolg erzielt. Das Planspiel, ein spannender Online-Wettbewerb, ermöglicht es den Teilnehmenden, ein virtuelles Wertpapierdepot mit einem Startkapital von 50.000 € zu eröffnen und durch geschickte Transaktionen an der Börse zu vermehren.


Insgesamt nahmen 570 Teilnehmer aus dem Landkreis Böblingen am rund 17-wöchigen Wettbewerb teil, der nicht nur wirtschaftliche Grundkenntnisse vertieft, sondern auch Börsenwissen vermittelt und den Blick über den Tellerrand fördert. Die Schülerinnen und Schüler traten in 2er-4er Teams gegeneinander an.


Mit einer herausragenden Leistung belegten Sven und Niclas aus der 10c den zweiten Platz und vermehrten ihr virtuelles Kapital um sagenhafte 11.927,77 €. Für diese Leistung erhielten sie jeweils eine Siegprämie von 250 €. Auf dem Siegerpodest fanden sich zwei weitere Teams aus dem Gymnasium, die ebenfalls mit beeindruckenden Ergebnissen glänzten.


Insgesamt spiegelt das Abschneiden der zwei Schüler von der JRS eine bemerkenswerte Leistung wider und zeigt ihr Engagement sowie ihre Fähigkeiten im Bereich des Wertpapierhandels. Der Erfolg beim Planspiel Börse ist nicht nur ein Beweis für ihre finanzielle Expertise, sondern auch für ihre Teamarbeit und ihren Ehrgeiz. Herzlichen Glückwunsch!

 (Jan Hager)

 

Foto-Aktion am Schools Out Day

verantwortlicher Lehrer: Alexander Riegler


Was für eine coole Veranstaltung am vorletzten Schultag des Schuljahres. Die SMV organisierte mit vielen Helferinnen und Helfern den ersten School-Out-Day der JRS und läutete damit die bevorstehenden Sommerferien ein.

Ein buntes Programm mit Karaoke-Bar, Sportturnieren, Spiel- und Bastelangeboten, Mitmach-aktionen, Disco und natürlich jede Menge Stände mit leckerem Essen und Getränken bereiteten uns einen lustigen und unvergesslichen vorletzten Schultag.

Mit dabei war auch die Fotobox; eine Art professionelle Selfie-Kamera, mit der wir alle lustige Erinnerungsfotos von unserem ersten Schools-Out-Day schießen konnten.

Vielen Dank, lieber Förderverein, für diese tolle Aktion. Wir freuen uns schon riesig, wenn die Fotobox mal wieder an unsere Schule kommen kann.

Vielen Dank an den Förderverein!!!

 (Die JRS-SMV)

 

Plädoyer für eine Gesellschaft ohne Vorurteile
 
Herrenberg: Prof. Dr. Wolfgang Benz, ehemaliger Leiter des Zentrums für Antisemititsmusforschung der Technischen Universität Berlin, sprach in der Stadthalle über Werte und die Gefährdung der Demokratie.
 
von Thomas Morawitzky Gäubote Herrenberg, 09.02.2024
 
betreuender Lehrer: Alexander Riegler

Aus dem Publikum in der gut besetzten Stadthalle kamen interessierte Fragen. GB-Foto: Vecsey 

Ana Mojovic und Justus Limpächer vom Geschichts-Leistungskurs des Andreae-Gymnasiums moderierten die Diskussion mit Wolfgang Benz.    GB-Foto: Vecsey

Prof. Dr. Wolfgang Benz hat viel zu sagen zu einem Thema, das leider wieder die Welt bewegt. Benz ist Historiker und leitete bis 2011 das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Hunderte von Schülerinnen und Schülern hören in der Stadthalle seine Ausführungen, stellen ihm Fragen. Und die Einsichten des Forschers überraschen durchaus: Denn für Wolfgang Benz ist der Antisemitismus kein isoliertes Phänomen, sondern steht im Zusammenhang mit anderen Mechanismen der Ausgrenzung; er zieht Parallelen zwischen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit, will den Begriff des Antisemitismus nicht verallgemeinert auf jede Opposition zu Israel beziehen. Benz besitzt als Historiker grundlegende Kenntnis der Genese dieses Begriffs, differenziert und spricht auch entschieden seine Meinung nicht nur zur neuen Rechten aus.

Spät am Nachmittag, gegen Ende der Veranstaltung schon, stellt ein Schüler die Frage, was der Wissenschaftler von der AfD halte. Wolfgang Benz wurde 1941 in Ellwangen geboren, studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Politik in Frankfurt am Main, Kiel und München. Er hat sich schon früh engagiert mit den Folgen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt; Seine erste Veröffentlichung, sagt er, habe sich mit dem Thema der neuen Rechten beschäftigt - der 1964 gegründeten NPD. Er spricht auch von der sogenannten Deutschen Volksunion, den Republikanern, davon, dass all diese Formierungen mittlerweile von der AfD „übertrumpft und abgelöst wurden", schließt: „Die kommen und gehen. Sie kommen als Protestpartei, ziehen Wütende an sich, und nach einer oder zwei Perioden in einem Landtag haben sie
abgewirtschaftet, weil sie zur Politik nicht fähig sind und keine Lösungen haben."

Benz ist dennoch besorgt. Er sieht tatsächlich eine Gefahr für die Demokratie in einer Zeit, in der Rechtsextreme in mehreren Ländern die zweitstärkste Partei stellten, er sagt: „Mir graut davor. Dass es rechtsextreme Idioten gibt, das zieht sich eigentlich durch die ganze Geschichte der Bundesrepublik. Aber dass sie so großen Zulauf erhalten von Menschen, die zum großen Teil offenbar gar nicht wissen, wem sie da hinterherlaufen - das ist entsetzlich." Björn Höcke ist für Wolfgang Benz ein „Ersatz-Hitler im Kleinformat", die AfD „Lug und Trug, Schwindel und Bauernfängerei": „Dass eine so große Anzahl von Bürgern darauf hereinfällt, macht mich ratlos."

Den Juden wurde der Zugang zu „bürgerlichen" Berufen verwehrt

Zutiefst verstörend empfindet der Antisemitismusforscher auch die Tatsache, dass es innerhalb der AfD offenbar eine kleine jüdische Gruppierung gibt. Im Hinblick auf den Antisemitismus zeigt Wolfgang Benz auf, dass dieser Begriff erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand - zu einem überaus problematischen Zeitpunkt, in dem die verbreitete Judenfeindlichkeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit umschlug in die durch vorgeblich wissenschaftliche Fakten fundierte Rassenlehre. Benz spricht von der ursprünglichen Judenfeindlichkeit, die die Juden als Feinde des Christentums ansah, ihnen ungeheuerliche Praktiken nachsagte, ihnen auch den Zugang zu den sogenannten bürgerlichen Berufen verweigerte. Das wichtigste berufliche Betätigungsfeld, das den Juden blieb, waren Handel und verzinster Geldverleih - Letzteres war Christen zu dieser Zeit nicht gestattet. Viele Juden retteten sich aus der Misere von Ausgrenzung und Verfolgung, indem sie zum Christentum konvertierten. Mit dem Aufkommen der Rassenlehre war ihnen dies nicht mehr möglich.

Die Existenz menschlicher Rassen von größerem oder geringerem Wert galt im 19. Jahrhundert als wissenschaftliche Erkenntnis; heute ist sie wissenschaftlich widerlegt. Für die Juden wurde das pseudowissenschaftlich untermauerte Vorurteil zum Fluch: Nun lag den Juden „das Böse im Blut", und keine Konversion konnte sie mehr retten. Den Antisemitismus allerdings grenzt Wolfgang Benz scharf ab vom Zionismus, der sich vor allem erst im 20. Jahrhundert um die Gründung eines eigenständigen jüdischen Staates bemühte, dies in Israel schließlich verwirklichte. Deshalb kritisiert Benz die aktuelle Verwendung des Antisemitismus-Begriffs im Hinblick auf den Konflikt zwischen Israel und Palästina. Wolfgang Benz geriet dabei selbst in die polemische Schusslinie: Eine größere Stadt im Rheinland, sagt er, habe jüngst kurzfristig eine Veranstaltung mit ihm abgesagt, da ihm eine Nähe zur Kampagne BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) nachgesagt werde, die zu Boykotten unterschiedlicher Art gegen den israelischen Staat aufruft. BSD, sagt Wolfgang Benz jedoch, spiele in Deutschland eine nur sehr kleine Rolle - „und ich habe nicht das Geringste mit dieser Gruppe zu tun."

Kritik formuliert der Experte auf andere Weise. Er sagt: „Wenn ich Mitgefühl für die palästinensische Seite zeige, dann heißt das noch lange nicht, dass ich den terroristischen Überfall auf Israel preise oder das Existenzrecht Israels bestreite. Das ist vollkommen selbstverständlich; ich bestreite ja auch nicht das Existenzrecht der Schweiz oder der USA. Dass man in der heutigen Situation zu einer unbedingten Parteinahme aufruft - hier Freund und dort nur Feind -, das allerdings finde ich verhängnisvoll."

Die neue Aufmerksamkeit, die dem Antisemitismus zukommt, hält Wolfgang Benz für keinesfalls übertrieben. „Nur erfolgt das mit dem falschen Zungenschlag. Wir sollten den Antisemitismus nicht am politischen Verhältnis zu Israel festmachen, sondern nie aus dem Sinn verlieren, dass es bei 20 Prozent der deutschen Bevölkerung nach wie vor Vorurteile Juden gegenüber gibt."

Eine Gefahr sieht Wolfgang Benz in dem Umstand, dass viele Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, aus arabischen Ländern stammen, ihnen also wiederum eine antisemitische Haltung angelastet werden könnte. „Wir sollten auch schauen, wie wir uns Muslimen gegenüber verhalten", sagt er. „Wir sollten immer nach Schwachstellen unseres Verhaltens suchen."

Sein persönliches Bestreben, die Erforschung des Antisemitismus auszuweiten zu einer allgemeinen Erforschung von Vorurteilen, die alle Minderheiten miteinbezieht, sieht der 82-Jährige heute fast schon als gescheitert an. Er fragt: „Warum brauchen wir als Mehrheit Minderheiten, die unsere Feinde sind, weshalb ist das gut für unser Selbstbewusstsein? Wir sollten uns nicht nur Juden gegenüber anständig verhalten, sondern auch den Muslimen gegenüber, den Sinti und Roma und allen anderen."

(Artikel erschienen am 09.02.2024 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

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