2019-10 Ballettanz

Märchenstunde mit dem Stuttgarter Ballett
 
Herrenberg: Schüler nähern sich in den nächsten Wochen der Kunstform Tanz an
 
von Christiane Hornung, Gäubote Herrenberg, 10.10.2019
 
betreuende Lehrerin: Ilona Will

Von der Schulbank in den Tanzsaal heißt es für rund 30 Fünftklässler der Herrenberger Jerg-Ratgeb-Realschule an diesem grauen Oktobertag. Die kommenden Stunden gehören der Arbeit mit dem Bewegungsrepertoire des eigenen Körpers, angeleitet durch Marieke Lieber und Adrian Turner vom Stuttgarter Ballett. Dass die Kunst des Tanzes eine gewisse Disziplin erfordert, wird schnell klar.

Ballet-Projekt an der Jerg-Ratgeb-Realschule: Die Fünftklässler lernen von und mit dem Profi    GB-Foto: Bäuerle

„Impuls MusikTheaterTanz" ist ein die drei Sparten des Württembergischen Staatstheaters übergreifendes Projekt mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche mit Kunst in Verbindung zu bringen. Die Oper machte im Jahr 2005 den Auftakt, 2006 zog das Schauspiel nach, 2007 schloss sich das Ballett an. 17 Projekten nehmen sich die drei Sparten jährlich an, wie Nicole Loesaus, Leiterin des Bereiches „Stuttgarter Ballett jung", erläutert. Das Stuttgarter Ballett selbst trägt mit fünf Projekten an fünf Schulen zu „Impuls MusikTheaterTanz" bei.

In den kommenden Wochen werden die Schüler der Jerg-Ratgeb-Realschule in den Genuss von zehn Workshops kommen, die jeweils in den Vormittagsunterricht  eingebettet sind, hinzu kommt eine Führung hinter den Kulissen in Stuttgart sowie ein Besuch der Generalprobe von „Dornröschen", das als leitendes Motiv über den Workshops steht. Zur Seite gestellt werden ihnen dabei mit Marieke Lieber und Adrian Turner zwei professionelle Pädagogen, die beide bereits seit elf Jahren für das „Stuttgarter Ballett jung" tätig sind. Marieke Lieber ist ehemalige Tänzerin des Staatstheaters, ihre Ausbildung erhielt sie an der hauseigenen John-Cranko-Schule. Adrian Turner wurde an der Rambert School in London ausgebildet und ist nun als freier Choreograf und im Rahmen verschiedener Tanzvermittlungsprojekte tätig. „Es ist immer etwas Neues", erklärt er seine Faszination an der Weitergabe der Kunstform Tanz, „wir wissen, dass es immer auf verschiedene Art und Weise funktioniert". Wichtig ist den beiden Pädagogen, das Wort „Ballett" grundsätzlich zu vermeiden, um keine falschen Assoziationen zu wecken. „Wir machen ein Tanzvermittlungsprojekt und vermitteln unsere Kunst", so Adrian Turner, „wir machen nicht in dem Sinne klassisches Ballett", ergänzt Marieke Lieber.

Stattdessen geht es für die Kinder dar um, mit den Möglichkeiten des eigenen Körpers zu arbeiten, diese zu entdecken und zu erweitern. „Wir machen unsere eigene Idee von 'Dornröschen', erläutert Adrian Turner, „zwei, drei Aspekte" des märchenhaften Balletts werden dabei fokussiert. So könnte beispielsweise der im merwährende Kampf Gut gegen Böse erarbeitet werden, im Ballett dargestellt durch den Charakter der bösen Fee Carabosse und ihrer Gegenspielerin, der Fliederfee.

Dies jedoch liegt noch in weiter Ferne, „wir müssen die Kinder erst einmal kennenlernen und schauen, wie sie draufsind", so Adrian Turner. Pädagogen und Kinder müssen sich annähern, „jeder stellt sich anders heraus, wir müssen die Gruppendynamik feststellen".

Um am Projekt teilzunehmen, müssen sich die einzelnen Schulen bewerben, in Herrenberg initiiert hatte dies Ilona Will, die an der Jerg-Rat-geb-Realschule als Lehrerin tätig ist. Aktuell verfügt die Institution mit dem Fokus auf Musik und Sport über zwei besondere Profile, derzeit laufen jedoch die Überlegungen, ein Drittes ins Leben zu rufen, das sich im Bereich des Theaters bewegt.

"Wir müssen die Kinder erst einmal kennenlernen und schauen, wie sie drauf sind "
Tänzer Adrian Turner


„Mit dem Projekt starten wir eine erste Kooperation mit dem Staatstheater", nun können erste Erfahrungen gesammelt und sondiert werden, „ob so ein Projekt im Schulalltag tauglich ist", so Ilona Will. Weitere Schritte in Richtung eines neuen Profils werden aktuell mit einer Theaterstunde gegangen, „im zweiten Halbjahr machen wir mehr mit Musik", geplant ist ein Musical als Klassenprojekt.

„Ich freue mich aufs Theaterspielen und auch das Tanzen, das macht Spaß", formuliert die zehnjährige Pauline aus Nufringen erste Erwartungen an das Projekt, das durch den Förderverein der Staatstheater, die BNP Paribas-Stiftung sowie einen Eigenanteil der Staatstheater gefördert wird. Vonseiten der Jerg-Rat-geb-Realschule steuert der dortige Förderverein ebenfalls einen finanziellen Obolus bei.

„Es ist eine Riesen-Ehre für uns, dass wir hier mit professionellen Künstlern, Tänzern und Choreografen zusammenarbeiten dürfen", ergänzt Alexander Riegler, Schulleiter der Jerg-Ratgeb-Realschule. Nicht zuletzt wünscht er sich, dass das Projekt auch nachhaltig    wirken wird, „ich hoffe, dass es den Kindern Lust auf mehr macht". Auch im Hinblick auf ein mögliches neues Profil setzt der Auftakt mit den Staatstheatern Maßstäbe, „das ist schon eine große Nummer".

Auf lange Sicht sollen die Schüler durch das Impuls-Projekt profitieren und geprägt werden, sowohl in ihrer persönlichen Entwicklung als auch hinsichtlich der Sozialkompetenz, denn „Tanzen zur Musik hat immer etwas Heilsames", so Marieke Lieber.

(Artikel erschienen am 10.10.2019 im Gäubote Herrenberg. Wir danken der Redaktion des Gäubote für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks. Siehe auch www.gaeubote.de).

 

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